Antje Stolz kommt aus einer Familie mit akademischem Hintergrund. Mutter, Schwester, Onkel, alle haben studiert. Da ist es doch ganz klar, dass auch sie direkt nach der Schule ein Studium beginnt. Wirklich? Nein, denn Antje Stolz hat sich (zunächst) für eine Ausbildung entschieden. Sie ist gelernte Goldschmiedin und hat sich – nach einem angeschlossenen Design-Studium – damit selbstständig gemacht. Die Mutter von zwei Söhnen (7 und 9 Jahre) merkte dann aber, dass dieser Beruf im Saarland ein Saisongeschäft ist und sie unterm Jahr weder persönlich noch finanziell zufrieden stellt. Dies hat ihr sehr zu schaffen gemacht. Eine Anstellung als Goldschmiedin war und ist allerdings keine Option, denn ihre Kreativität möchte Antje Stolz, die nur handgefertigte Stücke verkauft, auch weiterhin – mit voller Leidenschaft – ausleben. Doch was tun, wenn diese erste hochqualifizierte und sehr gut abgeschlossene Ausbildung und das ebenso sehr gut abgeschlossene Studium nicht reichen, um einen auszufüllen? „Irgendeinen Job zu machen, nur damit ich etwas habe, das kommt für mich nicht in Frage, denn an erster Stelle steht hier für mich meine Zufriedenheit“. 

Auf die Idee, sich für ein Studium der Sozialen Arbeit und Pädagogik der Kindheit an der htw saar und somit ein Zweitstudium zu bewerben, hat ihr Mann sie gebracht. Interessiert hat sie schon immer beides gleichermaßen: das Kreative und das Soziale. In ihrem Atelier hatte sie bereits Kindergartenkinder empfangen und z. B. Kreativkurse angeboten. „Ich habe schon damals gerne kreativ mit Kindern zusammen gearbeitet“. Eine Erzieher*innenausbildung war aber nicht das Richtige, da das Spektrum hier doch stark eingeschränkt ist. Der Studienabschluss der Sozialen Arbeit und Pädagogik der Kindheit hingegen befähigt in allen Arbeitsfeldern der Sozialarbeit bzw. Sozialpädagogik, mit allen Altersgruppen, tätig zu sein und bietet ein vielfältiges Beschäftigungsangebot. Genau das also, was Antje Stolz möchte.

Als sie dann im Wintersemester 2016/2017 tatsächlich einen Studienplatz erhalten hatte, war die Freude groß. Mit viel Geduld und voller Unterstützung ihrer Familie – vom Ehemann über die Mutter bis hin zur Schwiegermutter – ist es ihr möglich, das Studium zu starten. Ohne den familiären Rückhalt und den absoluten Willen, den Abschluss (in der Regelstudienzeit) zu absolvieren, wäre das Studium nur sehr schwer möglich. „Dass das so schwierig werden würde, hätte ich mir nicht so vorgestellt“. Denn als Mutter zweier Kinder steht sie immer wieder vor der Herausforderung, den Alltag als Studentin in Einklang mit dem Familienleben und der nebenberuflichen Tätigkeit zu bringen. Das hat sie besonders in der aktuellen Prüfungsphase gemerkt: Ein gemeinsamer Urlaub mit ihrem Mann und ihren Söhnen war aufgrund der Überschneidung von Vorlesungs- bzw. Prüfungszeit mit den Schulferien nicht möglich. „Das hat mich wirklich sehr viel Nerven gekostet“. Jetzt in der vorlesungsfreien Zeit, wo Antje Stolz weder zu den Vorlesungen gehen noch für die Prüfungen lernen muss, müssen ihre beiden Söhne wieder in die Schule. „Hier lassen sich Studium und Familie nur schwer vereinbaren“.

Auch was das Lernen angeht, merkt die 35-jährige im Vergleich zu ihren Kommiliton*innen Unterschiede. Ein Unterschied zu denjenigen, die direkt von der Schule ihr Studium begonnen haben, ist, „dass die im Lernen drin sind und erst gar nicht raus gekommen sind. Ich habe hingegen das letzte Mal in meiner Ausbildung lernen müssen, wenngleich dies mit dem Lernen und dem Niveau hier nicht zu vergleichen ist“. Das war für Antje Stolz eine riesen Umstellung, sozusagen ein Neuanfang. „Ich hatte Zweifel, ob das funktioniert, ob ich mit 35 noch in der Lage bin, mir so eine Menge Stoff zu merken und in der Tiefe zu verstehen; was mein Anspruch ist.“ Was unterscheidet sie denn noch von ihren jüngeren Kommiliton*innen? „Die Unbeschwertheit, wie diese an das Studium herangehen und ebenso die Leichtigkeit im Umgang mit den Prüfungen. Das kann ich so nicht.“ Ihre Berufserfahrung und der Altersunterschied geben ihr in ihrem Studium aber auch Sicherheit: Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen und beim Reden vor anderen, z. B. bei Präsentationen in Seminaren. Da kommen dann die jüngeren auf sie zu. Das ist in gewisser Weise eine Bestätigung dafür, den richtigen Weg gewählt zu haben.

Bislang hat Antje Stolz nur positive Reaktionen ihre Kommilitonen und der Lehrenden im Hinblick auf ihre familiäre Situation erfahren. Grundsätzlich herrscht ein offener Umgang, was vielleicht auch am Studiengang liegt. Wenn jemand z. B. mal sein Kind mit in die Vorlesung nehmen muss oder aufgrund der Betreuung mal nicht an einer Veranstaltung teilnehmen kann, ist dies möglich. „Da wird einem wirklich kein Stein in den Weg gelegt, wenn man es selbst schafft, dann steht einem niemand im Weg“.

Was kann Antje Stolz anderen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden oder mit dem Gedanken spielen ein Studium zu beginnen mit auf den Weg geben? „Der eigene Standpunkt ist wichtig. Sich selbst zu fragen: Will ich das? Bin ich bereit dafür 3 ½ oder 4 Jahre große Einschränkungen in meinem Leben zu akzeptieren? Nur wenn man das wirklich möchte, dann macht es Sinn.“ Wichtig ist es, den Blick auf die eigenen Ressourcen zu werfen: Kann man alles bewältigen und auf genügend Unterstützung im Umfeld zurückgreifen? „Wenn die Betreuung von den Kindern in guten Händen ist, dann hat es einen Sinn.“ Schwierig bis unmöglich das Studium in der Regelstudienzeit schaffen zu können, wird es für Studierende mit Kindern ihrer Meinung nach, wenn diese nur auf die Betreuungsangebote der Schule oder des Kindergartens zurückgreifen können. Die htw saar hat zwar schon viele gute Maßnahmen – wie z. B. die Wickelräume – für Studierende mit Kindern umgesetzt. Für Eltern mit Schulpflichtigen Kindern wären weitere Maßnahmen, wie beispielsweise ein Spielzimmer, die Flexibilisierung des Studiums oder eine bessere Anpassung der Prüfungsphase an die Schulzeiten, hilfreich.

Ein Teilzeitstudium kommt für Antje Stolz trotz aller Herausforderungen nicht in Frage, denn sie möchte ihr Studium so schnell wie möglich beenden.

Was bedeutet für sie Vielfalt? „Vielfalt ist für mich, dass allen die Möglichkeit gegeben ist teilzunehmen, an dem was die htw saar bzw. die Hochschulen bieten; das ist für mich auch was ganz besonderes.“ Ob nun Studierende ohne Abitur, aus anderen Ländern, mit familiärer Verantwortung oder mit vorheriger Berufserfahrung: „Ein bunt gemischtes Publikum an der Hochschule ist schließlich auch das, was einem im Leben immer wieder begegnet.“

Wie passen denn nun die kreative Erstausbildung und das etwas bodenständigere Studium der Sozialen Arbeit und Pädagogik der Kindheit zusammen? „Es geht beides. Ich gebe ja nichts auf. Das was ich hab´ hab ich, das nimmt mir ja niemand mehr und ich denke, es ist beides zu kombinieren. Man muss einfach immer an sich glauben und an sich arbeiten und schauen, wo ist der nächste Weg damit ich glücklich bleibe. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“

 

 

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