Auf dem Weg zur „Hochschule für Alle“

Hilfsmittel für sehbehinderte und blinde Studierende

In der Bibliothek am Campus Rastpfuhl der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW) wurde am 29. Mai 2012 ein spezieller Arbeitsplatz für sehbehinderte und blinde Studierende eingerichtet. Nachdem Matthias Jakob, mobile Hilfsmittelzentrale Deiniger, die mitgebrachten Hilfsmittel aufgebaut hatte, konnten bereits zwei Studentinnen des Studiengangs Soziale Arbeit und Pädagogik der Kindheit den neuen Arbeitsplatz testen. Üblich sind in der Bibliothek 15-Zoll-Monitore mit Standfuss. Dieser Platz weist einen 27-Zoll-Monitor auf, der an einem Schwenkarm montiert ist, so dass er ganz nah an das Gesicht gezogen werden kann. Das alleine reicht für einen sehbehinderten Menschen nicht aus, um etwas auf dem Bildschirm zu erkennen. Jakob erklärt den Studentinnen den Umgang mit der Vergrößerungssoftware ZoomText. Diese ermöglicht es, Bildschirminhalte bis auf das 36fache zu vergrößern und spezielle Farb- und Kontrasteinstellungen vorzunehmen. Außerdem können Texte, Programmfenster und Befehlsleisten vorgelesen werden.

Ein weiteres Highlight ist die mobile Kamera, mit der außer Größe auch Kontrast und Helligkeit variiert werden können. Schriftstücke oder auch das Tafelbild oder Präsentationen in Veranstaltungen werden so besser gesehen.

Komplettiert wird der neue Arbeitsplatz mit einem Scanner mit Buchkannte, der das mühelose einscannen von dicken Wälzern ermöglicht sowie einer Tastatur mit vergrößerten Buchstaben.

Für blinde Studierende sind allerdings andere Hilfsmittel essentiell. Deshalb wurde ein Subnotebook mit der speziellen Software WindowEyes angeschafft. WindowEyes ist ein Bildschirmausleseprogramm, das den Inhalt eines Computerbildschirms erfassen und die Informationen über eine Sprachausgabe oder Braillezeile ausgeben kann. Das Lesen von Internetseiten ist so für blinde Menschen möglich. Das Notebook wurde angeschafft, um die Inhalte von Veranstaltungen festhalten zu können (wenn das Gerät der Studierenden defekt oder keine Akkuleistung mehr haben sollte) aber auch um Klausuren zu schreiben. Bisher mussten alle persönlichen Daten gelöscht werden, damit aus dem Hilfsmittel nicht ein unerlaubtes wird.

Die Finanzierung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs (z. B. für technische oder personelle Hilfen) ist nicht ganz einfach und in Einzelfällen im Rahmen der Eingliederungshilfe möglich. Häufiges Problem ist, dass die zuständigen Sozialleitungsträger die notwendigen Hilfen und Assistenzen oftmals nicht, zu spät, nicht ausreichend oder erst nach aufwändigen Gerichtsverfahren bewilligen. Aufgrund dessen kann es zur Verlängerung des Studiums oder auch zum Studienabbruch kommen. Um dem Entgegenzuwirken wurden nun verschiedene Hilfsmittel angeschafft, die von den Studierenden zur Überbrückung genutzt werden können. Die mobilen Hilfsmittel (Kamera, Subnotebook, USB-Stick-Version von ZoomText) können an alle anderen Standorte ausgeliehen werden.

Isabelle Sefrin, seit Mai 2010 die Beauftragte für behinderte und chronisch kranke Studierende, hat diese Hilfsmittel bestellt und einrichten lassen. „Vielen behinderten oder chronisch kranken Studierenden ist nicht bewusst, dass die Hochschule verschiedene Möglichkeiten zur Unterstützung während des Studiums anbietet. Allerdings müssen wir die Bedürfnisse kennen, um entsprechende Maßnahmen einleiten zu können. Das ist ein Prozess und sicher ist die HTW noch keine „Hochschule für Alle“, aber sie ist auf dem Weg dorthin.“ Dafür wurde ihre Stelle eingerichtet. Es ist wichtig, dass behinderte und chronisch kranke Studierende sie aufsuchen, bevor es zu Problemen kommt. Ihr Ziel ist es, Lehrende und Studierende für die Thematik zu sensibilisieren sowie notwendige Maßnahmen anzuregen bzw. umzusetzen, damit behinderten, chronisch oder psychisch kranken Studierenden eine chancengleiche Teilhabe im Studium ermöglicht wird. „Es gibt viele Arten der Behinderung und Beeinträchtigung. Die meisten haben nicht-sichtbare Behinderungen wie z. B. Multiple Sklerose, Morbus Crohn oder auch psychische Erkrankungen. Manchmal benötigt jemand einfach nur mehr Zeit bei den Klausuren, weil durch die Erkrankung mehrere Pausen erforderlich sind oder das Absolvieren einfach mehr Zeit erfordert, wie dies z. B. bei sehbehinderten oder blinden Studierenden der Fall ist.“

Jedes Mitglied der Hochschule kann einen Teil dazu beitragen, eine chancengleiche Teilhabe zu ermöglichen. Ziel muss es sein, Barrieren abzubauen statt zu schaffen. Dazu müssen aber erst die Barrieren in den Köpfen der Menschen abgeschafft werden.

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