Mein Name ist Lydie Idel Makamdem Tchidjo und ich komme aus Kamerun, wo ich mit sechs Schwestern aufgewachsen bin. Es war schon immer mein Traum, eines Tage mein eigenes Unternehmen zu gründen. Momentan kümmere  ich mich um drei „Babys“: meine kleine Tochter Avelina , die hier in Saarbrücken geboren wurde, mein Startup-Unternehmen „familov“ und mein Master-Studium in „Management Sciences“ am DFHI der htw saar.

Vielfalt bedeutet für mich vor allem das Zusammenkommen und den Austausch unterschiedlicher Kulturen. Das ist in der heutigen Welt sehr, sehr wichtig und es ist auch der Grund, warum ich nach Deutschland gekommen bin. Hier versuche ich Neues zu lernen, aber auch den Blickwinkel Afrikas einzubringen. Meine Kommiliton(inn)en, die nicht wissen können, was in Afrika wirklich passiert, sind an diesen Themen sehr interessiert. Dieser Austausch bringt oft neue, interessante Gedankengänge hervor und hat mich schließlich auch auf die Idee zu meiner Unternehmensgründung gebracht.

Ich bin die Erste in der Familie, die ein Studium aufgenommen hat und die Erste, die das Land verlassen hat. Mein Vater ist Lehrer in Kamerun, hat dafür aber nicht studieren müssen. Obwohl meine Eltern alles andere als reich sind, haben sie meine Entscheidung in Deutschland zu studieren unterstützt und die ganze Familie hat Geld gesammelt, um mein Flugticket zu bezahlen. Auf Saarbrücken und die htw saar hatten mich Freunde aufmerksam gemacht, die bereits hier studiert haben. Sie haben mir die Stadt und die Hochschule sehr empfohlen, weil  beide nicht zu groß sind. Ich hätte auch in Frankreich oder Italien studieren können, aber für meine Eltern war es wichtig, dass ich nach Deutschland gehe. Deutschland hat in Afrika einen sehr guten Ruf, weil hier ernsthaft gearbeitet wird und das Land auch wirtschaftliche Sicherheit bietet.

Die erste Zeit war nicht einfach – die völlig andere Kultur und insbesondere die Sprache! Am Anfang dachte ich, dass ich niemals gut deutsch sprechen werde. Aber ich bin ehrgeizig und habe gekämpft, um die Sprache zu lernen, die Kultur zu verstehen und Leute kennen zu lernen. Da meine Eltern mir kein Geld schicken konnten, musste ich auch von Anfang an mein Studium selbst finanzieren. Meine Philosophie, die ich von zuhause mitgebracht habe, hat mir sehr geholfen: „Nichts im Leben ist einfach. Du musst jeden Tag Herausforderungen bewältigen und für Deine Ziele kämpfen.“

Was mir an Deutschland besonders gut gefällt: Mir liegt diese Gradlinigkeit, dass Du es schaffst, wenn Du Dich anstrengst. In Afrika, aber auch in Frankreich, ist das nicht unbedingt der Fall. Und: Hier gibt es keine Distanz zwischen Lehrenden und Lernenden, man kann direkt mit den Professor(inn)en sprechen, wenn man eine Frage oder ein Problem hat. In Kamerun sind Professoren Könige und verhalten sich auch so. Auch das ist eine Frage der Kultur - und diese kulturelle Seite von Deutschland gefällt mir sehr. Das Studium am DFHI hat es mir ermöglicht, gleich zwei neue Kulturen kennen zu lernen. Und obwohl meine Muttersprache Französisch ist, war auch Frankreich eine neue Kultur für mich. Aber - ehrlich gesagt - Deutschland gefällt mit besser, ich fühle mich fast schon als Deutsche. Und ich kann auch sagen, dass ich hier nie das Gefühl hatte, auf Grund meiner Herkunft diskriminiert zu werden. Wenn man sich bemüht und die Herkunft aus Afrika nicht als Entschuldigung für mangelnden Einsatz und eigene Versäumnisse nutzt, schafft man es – so ist das in Deutschland.

Deshalb möchte ich auch gerne nach meinem Master-Abschluss in Deutschland arbeiten und meine Firma hier weiter ausführen.

Mein Startup-Unternehmen „familov“ ist die Erfüllung meines Kindertraums. In meiner ersten Zeit in Deutschland war dieser Traum noch ganz weit weg, weil ich mein Studium selbst finanzieren und meine Schwestern in Kamerun mit Geldtransfers finanziell unterstützen musste. Diese Geldüberweisungen sind teuer; jede Überweisung kostet 12% Gebühren. Und es gibt keine Garantie, dass das Geld wirklich für den Kauf von Lebensmitteln genutzt wird, für die es eigentlich gedacht ist. Daher kam mir 2013 die Idee, anstatt des Geldes direkt Nahrungsmittel zu überweisen. Ich habe dann einen Webshop für den Kauf von wichtigen Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln aufgebaut wie z.B. Reis, Öl, Wasser, aber auch Zahnbürsten oder Windeln für Babys. Die Waren werden nicht aus Deutschland verschickt, sondern über eine Supermarktkette in den drei größten Städten Kameruns Douala, Bafoussam und Jaunde vertrieben. Das heißt, die Familie holt die bestellten und aus Deutschland bezahlten Artikel direkt im Partnersupermarkt ab. Jetzt bin ich sicher, dass meine Familie wirklich die Lebensmittel bekommt, die sie braucht. Aktuell nutzen fast 1000 Personen die Plattform und es werden jeden Tag mehr. Momentan bereite ich bereits die Expansion nach Kenia und Nigeria vor.

Wie ich das alles mache? Aus meiner Sicht wächst man mit den Aufgaben und glücklicher Weise hilft mir mein Mann sehr viel. Man kann aber nicht alles planen – insbesondere nicht, wenn es um das Kind geht.

Und auch von der Hochschule habe ich sehr viel Unterstützung bekommen: auf Grund meiner guten Leistungen hatte ich in den letzten Semestern ein Deutschlandstipendium der Firma orbis, das es mir ermöglicht hat, mich auf die Gründung zu konzentrieren. Bei der Gründung selbst haben mich Prof. Münter und die Existenzgründungsberaterin am fitt, Frau Anna Lawera, sehr unterstützt. Mein Traum ist wahr geworden.

Mom Entrepreneur oder „Momtrepreneur“ ist der Begriff, der mich momentan an besten beschreibt. Das ist genau das, was ich immer sein wollte – und jetzt bin!

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