Spitzenforschung an der HTW

Forscherteam um die Professoren Seibert und Wieker entwickeln Fahrsicherheit von Morgen

Wer kennt das nicht: man gerät in eine Situation, die gerade nochmal glimpflich ausgegangen ist. Ob das der Traktor war, der hinter einer Kurve vor dem Motorradfahrer langsam auf die Landstrasse fährt, die unverhofft auftretende Eisplatte, die Nebelbank, das Unfallfahrzeug oder das Stauende auf der Überholspur der Autobahn. Der Alptraum eines Autofahrers.

Gefährliche Situationen aufgrund von Glätte, schlechter Sicht oder Hindernissen auf der Fahrbahn (z.B. das Stauende hinter einer Kurve) verliern einen Großteil ihres Schreckens, da das Fahrzeug, das mittels seiner Sensorik solches Gefahrenpotential erkennt, diese via elektronischer Assistenz- und Regelsysteme entschärft und an den potentiell betroffenen nachfolgenden und oder entgegenkommenden Verkehr unmittelbar meldet. Es klingt wie Science Fiction, aber Fahrzeuge könnten sich zukünftig vor gefährlichen Situationen selbständig warnen.

Dies ist die wohl wirkungsvollste Möglichkeit der präventiven Unfallvermeidung, da der Fahrer so zeitig vor einer Gefahr gewarnt wird, dass er seine Fahrweise oder Streckenführung anpassen kann.

Neue Technologien sollen nun diese Vision noch schneller zur Wirklichkeit werden lassen. Ein wesentliches Stichwort dazu ist die Fahrzeuginfrastrukturkommunikation. Das Fahrzeug wir zukünftig quasi von der Strasse Informationen über das vor ihm liegende Gefahrenpotential erhalten. Dies geschieht über sogenannte ROAD SIDE UNITS, die eingebunden in ein übergeordnetes Verkehrsmanagementsystem eine entsprechende Schlüsselfunktion übernehmen werden.

Wie viele Unfälle wären vermeidbar, wenn man die Fahrer vor solchen und ähnlichen Gefahren warnen könnte? Bei über 60% der in der Unfallstatistik aufgeführten Unfälle mit Personenschäden könnten solche Systeme die Gefahrensituation wirkungsvoll entschärfen, schätzt Prof. Dr. Horst Wieker von der HTW.

Woher er das weiß? Er arbeitet in einem Forschungsteam mit Prof. Dr. Wolfram Seibert und den Ingenieuren Joachim Boes, Hans-Josef Hilt und Arno Hinsberger im sogenannten WillWarn Projekt an innovativen Lösungen für genau dieses Problem: Wie können Fahrzeuge untereinander Gefahren am besten kommunizieren? Seibert und Wieker sind mit ihrer Kompetenz in das EU-Projekt Prevent gelangt und konnten jetzt in das bedeutenste nationale Projekt, AKTIV (Adaptive und Kooperative Technologien für den Intelligenten Verkehr), einsteigen.

Unter dem Motto "Mobilität AKTIV gestalten", fördert die Bundesregierung die neue Forschungsinitiative deutscher High-Tech Firmen mit 60 Millionen Euro für einen sicheren und fließenden Verkehr.

Die Projektpartner lesen sich wie das Who is Who der großen Player in diesem Bereich (Adam Opel AG, BMW AG, DDG, MAN Nutzfahrzeuge AG, Continental Teves, Robert Bosch GmbH, Siemens AG, TU München, VW AG, Uni Kassel und Hannover, etc.). Und eben die HTW.

AKTIV teilt sich in drei Projekte: Aktive Sicherheit (AS), Verkehrsmanagement (VM) und Cooperative Cars.

AS ist applikationsorientiert, d.h. es sollen Prototypen aufgebaut werden, die zu Fahrassistenzsystemen führen. Beispielhaft sei hier der Kreuzungsassistent genannt, bei dem das Fahrzeug durch Kommunikation weiß, ob in einer unübersichtlichen Kreuzungssituation ein anderes Fahrzeug von rechts kommt oder nicht.

VM ist das Projekt, in dem die HTW-Professoren arbeiten. Ziel ist es, die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes zu steigern. Das Verkehrsmanagementsystem soll die Verkehrsleitsysteme und die Verkehrsteilnehmer vernetzen. Konkret sind die HTW-Professoren zuständig für die Entwicklung und den Aufbau einer Road Side Unit (RSU) zur Fahrzeug-Infrastrukturkommunikation. Diese Entwicklung dient als Querschnittsfunktion im Gesamtprojekt, da ja alle auf die Daten der RSU zugreifen müssen, so dass es nicht verwundert, dass die HTW im Steuerungskreis des Projektes vertreten ist.

Das Grundprinzip hinter WillWarn und Aktiv VM ist die Bereitstellung und der Austausch der vorhandenen Daten. Ein Auto weiß mehr, als der Fahrer ahnt. Die Sensoren von ABS und EPS, das Außenthermometer, all diese Daten lassen Rückschlüsse auf die Fahrbahnbeschaffenheit (Eis, Schnee, Laub, Wasser), Wetter, Hindernisse (bspw. erkannt durch ein abruptes Bremsmanöver, man denke an den Fußgänger, das Reh oder einen umgefallenen Baum) usw. zu. Wenn nun die Autos diese Daten untereinander austauschen, könnte das Auto die nachfolgenden oder entgegenkommenden Fahrer warnen. Auch der tote Winkel würde an Gefährlichkeit verlieren.

Oder noch besser: stationäre Datenstationen, die Road Side Units, können von jedem Fahrzeug solche Informationen erhalten und sie wiederum an jedes Fahrzeug weitergeben. Denkbar wäre auch der Einsatz als Baustellenwarner. Baustellenbetreiber oder Kommunen könnten die entsprechenden Daten an diese Stationen geben und so Autos warnen, ohne dass ein vorheriger Kontakt zur Baustelle oder gesperrten Straße vorhanden sein müsste. Es könnten auch Umleitungsempfehlungen durchgegeben werden.

Das Sympathische für alle Autofahrer: Serienreif könnte ein Produkt erschwinglich sein, die Preiskategorie läge deutlich unter einem Navigationssystem. Alles was notwendig wäre, wäre ein GPS-Gerät und eine grafische Anzeige.

Kurzum: Zig Anwendungen und Einsatzgebiete mit einer kostengünstigen Technik – die Revolution der Straßenverkehrssicherheit, vorausgesetzt, der Fahrer nimmt die Warnungen seines Fahrzeuges wahr und handelt dementsprechend.

WillWarn, Aktiv VM – Spitzenforschungsprojekte, akquieriert von demselben Team. Das Geheimnis sei hier exklusiv verraten: Man nehme einen Experten für Telekommunikationstechnik und einen Experten für Fahrzeugtechnik, füge eine ordentliche Portion „wir-verstehen-uns“ hinzu und fertig ist das Dreamteam. Das funktioniert um so besser, weil’s zwischen beiden menschlich klappt und sie Freunde geworden sind, stellen sie fest und: wir haben ein Spitzenteam an Ingenieuren hinter uns. Dann klappt’s auch mit den Forschungsprojekten!


Die Projektpartner des AKTIV-Projektes:

Adam Opel GmbH, BMW AG, DDG – Gesellschaft für Verkehrsdaten mbH, Ford Forschungszentrum Aachen GmbH, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW), IBEO Automobile Sensor GmbH, Institut für Automation und Kommunikation e.V. Magdeburg (ifak), MAN Nutzfahrzeuge AG, PTV AG, Robert Bosch GmbH, Siemens AG, Technische Universität München, Teleatlas Deutschland GmbH, Transver GmbH, Universität Hannover, Universität Kassel, Verkehrszentrale Hessen (VZH), Volkswagen AG. Als Unterauftragnehmer arbeiten außerdem zahlreiche Universitäts- und Forschungsinstitute sowie kleinere und mittelständische Unternehmen.

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